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Das Ziel der deutschen U20-Eishockey-Nationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft der zweitklassigen Division 1 war der direkte Wiederaufstieg in die A-Gruppe. An diesem Vorhaben ist der... „Die Drittelpause“: Wo der Schuh drückt: Kein Platz für den Nachwuchs durch zu viele Ausländer und Deutsch-Kanadier

Das Ziel der deutschen U20-Eishockey-Nationalmannschaft vor der Weltmeisterschaft der zweitklassigen Division 1 war der direkte Wiederaufstieg in die A-Gruppe. An diesem Vorhaben ist der DEB deutlich gescheitert. Von insgesamt sechs Teams belegte Deutschland nur Rang fünf. Von fünf Partien konnten nur zwei gewonnen und drei gingen verloren. Zwar war Deutschland in keinem Match chancenlos und nahezu in alle Matches unterlag das DEB-Team nur knapp. Doch was hilft es. Und letztlich ist ein verlorenes Match Pech, drei Niederlagen hingegen sind eine Serie, die eine Tendenz oder gar Entwicklung aufzeigt. Und die Erkenntnis der verlorenen Partien gegen Lettland (1:4), Österreich (1:3) und Norwegen (3:4 n.P.) ist, dass diese Nationen dabei sind, an Deutschland vorbeizuziehen. Und was bei der U20-WM gerade passiert ist, wird bald mit der deutschen Herren-Mannschaft geschehen, da sind sich viele Beobachter einig. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.

Gründe für den Niedergang

 

Dominik Bittner - © by EH-Mag. (RS)

Dominik Bittner – © by EH-Mag. (RS)

Was sind die Gründe für den – wenn auch langsam und schleichenden – Untergang des deutschen Eishockeys? Die Antwort ist zweigeteilt: Es mangelt an der gezielten Förderung im Jugendbereich und zum anderen werden junge deutsche Cracks in der DEL nicht eingesetzt.
Stellt sich die Frage, warum haben die DEL-Clubs so wenig Interesse an der Förderung der deutschen Eishockey-Jugend? Die Antwort ist simpel, es besteht keine Notwendigkeit für die DEL-Clubs zur Unterstützung des Nachwuchses, weil es genug Schlupflöcher gibt, die Teams auf andere Art mit Spielen zu füllen.

Keine U23-Spieler mehr

Eine negative Entwicklung, die dem deutschen Nachwuchs in der DEL zusetzt, ist der Wegfall der Regel, dass eine bestimmte Anzahl von Cracks in jedem DEL-Team jünger als 23 Jahr alt sein muss. Was zur Folge hatte, dass die Clubs lieber 30- oder gar 40-jährige Spieler einsetzen, anstatt auch nur einem jungen Akteure Spielpraxis zu geben. Der Hintergrund ist, junge Spieler sind erst in Entwicklung und machen auch mal Fehler, ältere Akteure hingegen weniger. Was in zwei, drei Jahren ist, interessiert den Coach nicht, denn da ist er längst bei einem anderen Club. Und Trainer werden nun mal am Erfolg in der laufenden Saison gemessen und nicht daran, wie viele junge Cracks sie ins Team integriert haben.

 

Abkehr vom Jugendkonzept

Schaut man etwa auf Mannheim, wird dies sichtbar. Dort hat man mit den Jungadlern eines der seit Jahren erfolgreichsten Nachwuchsprojekte in ganz Deutschland. Die Jungadler sind so etwas wie der Serienmeister der DNL, dennoch schaffen immer weniger Nachwuchsspieler den Sprung in den DEL-Kader. Die Adler haben sich bereits vor der Saison 2014/15 entschieden, weitestgehend auf den Einbau von Nachwuchsspielern zu verzichten und stattdessen auf Erfahrung zu setzen, um die Meisterschaft zu holen. Im letzten Jahr hatte Mannheim Erfolg damit. Es zahlt sich in der DEL also nicht aus, auf junge Cracks zu setzen, gefragt ist Alter und Routine. Aber wie sollen auf diese Weise junge deutschen Cracks den Weg ins DEL-Team und später in die Nationalmannschaft finden?

Alter schlägt Jugend

Mit Dominik Bittner agiert in Mannheim gerade mal ein 23-jähriger aus dem Jungadler Projekt im Team. Sehr sporadisch wird noch Lennart Palausch (21 Jahre) eingesetzt, der aber hauptsächlich bei den Kassel Huskies spielt. Dann kommen Brent Raedeke und Philip Riefers mit 25 Jahren (wobei beide nicht von den Jungadlern kommen). Der Rest der Spieler im Kader ist älter. Die Masse der Cracks ist um die 30 Jahre alt. Von 25 Akteuren sind 13 schon 30 Jahre und älter. Die ältesten Spieler sind Jochen Hecht mit 38 Jahren und Glen Metropolit mit 41 Jahren. Das Durchschnittsalter der Adler beträgt 28,5 Jahre, damit stellen die Nordbadener das älteste Teams der DEL. Wobei kaum ein DEL-Team einen Altersschnitt unter 27 Jahr hat. Jugendförderung sieht anders aus. Wobei die Adler hier nicht am Pranger stehen sollen. Zumindest nicht mehr als andere Teams. Denn in der Tendenz agieren alle 14 DEL-Clubs gleich: Es zählt nur der eigene Club, die Nachwuchsförderung und das Nationalteam kommen erst an zweiter, dritter oder gar vierter Stelle.

Lösung wäre so einfach

Die Lösung wäre so einfach, es müsste von der DEL ein Regelung eingeführt werden, dass in jedem Team fünf Akteure, die 23 Jahre oder jünger sind und auch spielen müssen. Punkt. Aber es wird nicht gemacht. Und warum, weil jeder Verein den schnellen Erfolg sucht niemand bereit ist, junge Akteure einzusetzen, denn die könnten Fehler machen und an einem Gegentor schuld sein. Also verzichtet man auf die langfristige Perspektive für das deutschen Eishockey. Hier muss sich auch der Fan fragen, toleriere ich es, wenn junge Akteure spielen, die auch mal Fehler machen, oder zählt nur der Titel?

Ausländer

In der DEL dürfen die Clubs neun reguläre Ausländer einsetzen. Nahezu jeder Club schöpft dies restlos aus. Häufig wird sogar noch die zehnte Stelle besetzt, obwohl nur neun Cracks spielen dürfen. Viele der Ausländer sind keine herausragenden Akteure, sondern bestenfalls Mitläufer, wirkliche Stars oder Top-Leistungsträger sind nur wenige. Der Grund ist einfach, gute Kanadier oder Amerikaner spielen in Nordamerika und die zweite Garde unterschreibt in der Schweiz, der KHL oder in Skandinavien.
Doch mit den neun bzw. zehn Ausländern ist in der DEL noch nicht Schluss. Häufig werden ältere Kanadier, die schon lange in Deutschland aktiv sind, eingedeutscht. Dies bedeutet, sie fallen nicht mehr unter das Ausländerkontingent.

Deutsch-Kanadier

 

Brooks Macek - © by Eishockey-Magazin (JB)

Brooks Macek – © by Eishockey-Magazin (JB)

Neben den neun Ausländern in jedem DEL-Team erhalten auch immer mehr sogenannte Deutsch-Kandier einen Platz in den Mannschaften. Ihr Vorteil, sie kommen meist als fertige Spieler nach Deutschland, müssen nicht lange ausgebildet werden, machen also im Gegensatz zu den jungen deutschen weniger Fehler. Dies alles könnte dem deutschen Eishockey nutzen, denn damit vergrößert sich theoretisch die Basis der deutschen Spieler für die Nationalmannschaft, tut es aber nicht oder zumindest kaum, denn nur wenige Deutsch-Kandier finden den Weg ins Nationalteam. Was kein Wunder ist, denn wirklich herausragende Akteure, die den Kufensport in Nordamerika erlernten – ob nun mit deutschen Großeltern oder nicht -, spielen eben in kanadischen oder US-amerikanischen Nationalteams. So aber nehmen die Deutsch-Kanadier den jungen deutschen Akteuren die Plätze in DEL-Teams weg und verhindern die Entwicklung des Nachwuchses.

Canada Roosters

Das beste Beispiel für die Flut der Deutsch-Kanadier sind die Iserlohn Roosters. Von 21 Feldspielern der Roosters haben ganz vier das Eishockey spielen in Deutschland gelernt. Von den anderen 17 sind 9 Ausländer und der Rest sind Deutsch-Kandier oder eingedeutschte Akteuere. Korrekt müsste es also nicht Iserlohn, sondern „Canada Roosters“ heißen. Wohlgemerkt, Iserlohn macht nichts Illegales, und mehr oder weniger tut es jeder DEL-Club, die Frage ist eben nur: „Nützt es dem deutschen Eishockey?“

Gesetz des Marktes

Natürlich werden Deutsch-Kanadier und die neun offiziellen Ausländer nicht aus Boshaftigkeit gegenüber dem deutschen Eishockeynachwuchs eingesetzt, sondern aus zwei Gründen. Zunächst einmal sind deutsch-Kanadier fertige Spieler und zum anderen sind sie meist billiger als von der Qualität her vergleichbare deutschen Cracks, die dann häufig schon Nationalspieler sind. Vom logischen Blickwinkel des Manager her, der den eigenen Verein im Fokus hat, kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Für das deutsche Eishockey ist es aber eben denkbar schlecht, denn auf der Strecke bleiben junge, deutsche Spieler, die in der DNL spielten und nun bei den DEL-„Farmteams“ in der 2. Liga versauern.

Deutsche sind teurer

Die Befürchtung vieler Clubs und der DEL ist es, dass die Mannschaften unbezahlbar teuer, würden die neun Ausländer und Deutsch-Kanadier nicht zur Verfügung stehen, denn dann würden die verbleibenden deutschen Akteure hohe Gehälter fordern. Die Schweiz wird hier gerne als warnendes Beispiel aufgeführt, wo die Ausländerzahl zumindest noch stark begrenzt ist und Schweizer Akteure extreme Summen fordern. Doch könnte man dies umgehen, wenn man in Deutschland, ähnlich wie in der NHL in Nordamerika einen Salary Cup anführt, also eine Höchstgrenze, was das Budget eines Vereins angeht. Damit wäre, sagen wir bei acht Millionen Euro eben Schluss, mehr könnte nicht ausgegeben werden. Sicher, dies wäre revolutionär und die Etats von Mannheim und Schwenningen oder München und Straubing sind nur schwer in Einklang zu bringen.

Was ist zu tun?

Glen Metropolit (links) spielt mit 41 Jahren noch in der DEL - © by EH-Mag. (GK)

Glen Metropolit (links) spielt mit 41 Jahren noch in der DEL – © by EH-Mag. (GK)

Die Lösungen wären so einfach, wenn die DEL nur wollte. Zunächst müsste die Zahl der Ausländer von neun auf fünf reduziert werden. Darüber hinaus müsste die Zahl pro Deutsch-Kanadier bei jedem Team auf zwei begrenzt werden. Dies wäre übrigens ganz einfach zu erreichen, indem nur der als Eishockey-Deutscher gilt, der die Jugendbereiche des DEB durchlaufen hat. Und drittens müssten in jeder Mannschaft fünf Akteure zum Einsatz kommen, die 23 Jahre oder jünger sind.

Pessimismus

Die Frage ist, wird dies passieren? Ich denke nein. Es werden in der Sommerpause wieder wohlklingende Reden zur Nachwuchsförderung gehalten und gleichzeitig werden neue Deutsch-Kandier verpflichtet und Ausländer eingedeutscht. Und in einem oder zwei Jahren werden die deutschen Herren aus der A-Gruppe der Nationalteams absteigen, und dies auf auf Nimmerwiedersehen. Das tragische daran, viele Kenner der Szene haben es kommen sehen und fast genauso viele haben gewarnt, aber passiert ist nichts.

Warum ein Nationalteam?

Es lässt sich natürlich fragen, warum braucht man in Deutschland überhaupt ein erfolgreiches Nationalteam? Viele Fans von Clubmannschaften jubeln ohnehin mehr den kanadischen Cracks als den deutschen Spielern zu. Die Antwort ist ganz einfach: Eine Sportart ist in Deutschland nur dann wirklich flächendeckende populär, wenn es ein erfolgreiches Nationalteam bzw. international siegreiche Einzelathleten gibt. Dies war etwa beim Tennis so. Vor und nach Boris Becker und Steffi Graf sprach niemand über den weißen Sport. Ähnliches gilt für Biathlon, Formel 1, Boxen, Basketball und sogar Handball. Und Eishockey macht hier keine Ausnahme. Ohne erfolgreiche Nationalmannschaft bleibt Eishockey eine Sportart, die auf wenige Hochburgen wie Mannheim, Köln, Berlin oder Düsseldorf begrenzt ist. Der Kufensport schafft es kaum mehr in die Sportschau oder die Sportreportage. Würde Deutschland hingingen bei einer Weltmeisterschaft mal eine Bronzemedaille gewinnen, die Schlagzeilen und die Aufmerksamkeit in den Medien wäre gewiss. Doch davon ist man meilenweit entfernt. Und so wird in den Hochburgen den Cracks auf dem Eis weiterhin zugejubelt, die große, bundesweite Öffentlichkeit interessiert sich aber immer weniger für Eishockey. Leider.

(Gernot Kirch)

 

 

Ãœber „Die Drittelpause“: In der sogenannten „Drittelpause“ greifen verschiedene Autoren aktuelle Themen auf und beziehen hier klar persönlich Stellung. Hierbei wird Nebensächliches zur Hauptsache gemacht und umgekehrt. Es wird gerne überspitzt, frech und vielleicht auch manchmal einfach nur „anders“ argumentiert und kommentiert. Mal laut, mal leise, mal mit einem Augenzwinkern und mal mit dem Dampfhammer oder in Satireform. „Die Drittelpause“ ist nicht neutral und ausgeglichen, sie ist die oft persönliche Meinung des Autors / der Autorin und soll Anlass zur Diskussion bieten.

 

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