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Kassel. (PM) Gute Nachrichten um Huskies-Goalie Mika Järvinen. Die am Montag im Elisabeth-Krankenhaus zu Kassel von Chefarzt Dr. Uwe Behrmann durchgeführte Operation ist reibungslos...
Mika Järvinen - © by Eishockey-Magazin (DS)

Mika Järvinen – © by Eishockey-Magazin (DS)

Kassel. (PM) Gute Nachrichten um Huskies-Goalie Mika Järvinen. Die am Montag im Elisabeth-Krankenhaus zu Kassel von Chefarzt Dr. Uwe Behrmann durchgeführte Operation ist reibungslos verlaufen.

Bereits am Dienstagvormittag wurde Mika aus dem Krankenhaus entlassen und von KSE-Geschäftsführer Joe Gibbs die Obhut von Huskies-Mannschaftsarzt Dr. Rolf Raetzer übergeben, der gemeinsam mit seiner leitenden Assistentin Nicole Ellermann die erste Nachsorge in der Orthopädischen Praxisklinik Baunatal übernahm, nicht ohne dem wie immer gut gelaunten Finnen („Es könnte mir kaum besser gehen“) die Leviten zu lesen und ihm ins Gewissen zu reden. Denn in Bezug auf den Heilungsverlauf hängt auch viel von Mikas Disziplin ab.

Die Verletzung

Syndesmosebandriss – eine Diagnose, die man früher fast nie, in den letzten Jahren aber immer häufiger hört. Grund genug, den Mannschaftsarzt der Huskies, Dr. Rolf Raetzer, zu dieser Verletzung genauer zu befragen.

Was ist überhaupt das Syndesmoseband?

Das Wort „Syndesmose“ ist genau genommen ein eingedeutschtes Wort, das vom griechischen Wort Sydesmosis abgeleitet wird. „Syn“ bedeutet so viel wie „zusammen“, „desmos“ bedeutet „Band“.

Im Medizinischen wird als Syndesmoseband ein ca. zwei bis drei Zentimeter langes und ca. eineinhalb Zentimeter breites Band im menschlichen Körper bezeichnet, welches sich zwischen dem Schien-/ und dem Wadenbein befindet und zusammen mit den Außenbändern für die Stabilität des oberen Sprunggelenkes verantwortlich ist, wobei das Syndesmoseband allein 30-40% ausmacht (Auf dem Foto symbolisiert das pinkfarbene Post-it das Syndesmoseband, das grüne Band stellt die Außenbänder dar). Es gibt ein vorderes und ein hinteres Syndesmoseband, wobei das hintere erheblich stabiler ist, sodass fast ausschließlich das vordere Band von Rissen betroffen ist.

Reißt das Syndesmoseband, so führt dies somit immer zu einer Instabilität des Sprunggelenkes, was zum einen im Sport mit Schmerzen einhergeht, zum anderen führt ein „Nichtbehandeln“ mit der Zeit zu einer starken Knorpelabnutzung, dies nennt man Arthrose.

Wie kann das Syndesmoseband reißen?

Während man sich einen „normalen“ Riss des oder der Außenbänder durch bloßes „Umknicken“ zuziehen kann, was häufiger vorkommt, so ist, damit es zu einem Riss des Syndesmosebandes kommt, fast immer ein zusätzliche starke Drehung (Rotation) des Sprunggelenkes oder eine heftige Stauchung (zum Beispiel durch einen Sprung oder Sturz aus großer Höhe) erforderlich.

Marco Reus hat durch einen Syndesmosebandriss die WM verpasst. Man konnte in der TV-Übertragung praktisch die klassische Bewegung sehen, die zu einer solchen Verletzung führt. Als er versuchte, seinem Gegenspieler von hinten den Ball abzunehmen, knickte er um und verdrehte sich gleichzeitig den Fuß. Die Folgen sind bekannt.

Bei einem Fußballer noch nachvollziehbar, aber wie kann man in einem Eishockeyschlittschuh umknicken oder gar das Gelenk verdrehen?

Es ist ein Irrglaube, dass Eishockeyspieler so fest im Schlittschuh stehen wie in einem Skischuh. Der Fuß in einem Eishockeyschlittschuh kann sich durchaus bewegen, sonst wären die Spieler deutlich weniger wendig und auch weniger schnell. In einem fest sitzenden Skischuh ist eine Sprunggelenksverletzung wie der Syndesmosebandriss sehr selten, nahezu unmöglich. Daher sind beim Skifahren auch Verletzungen des nächstanfälligen Gelenkes üblicher, nämlich Knieverletzungen wie Innenband, Außenband und Kreuzbandrisse. Beim Eishockey ist diese Verletzung, auch wenn es mit Daniel Reiß, Sven Valenti und nun Mika in den letzten Jahren gleich drei Huskies getroffen hat, dennoch eher selten.

Wie wird ein Syndesmosebandriss diagnostiziert?

Einen Syndesmosebandriss zu diagnostizieren, ist vergleichsweise leicht. Unmittelbar nach dem Riss des Bandes tritt oberhalb der Syndesmose, also dort, wo normalerweise das Band sitzt, eine Schwellung auf. Darüber hinaus ist der Patient in diesem Bereich stark druckschmerzempfindlich. Gewissheit gibt dann eine Kernspinuntersuchung.

Muss ein Syndesmosebandriss immer operiert werden?

Ist das Band zu mindestens 80% eingerissen, muss es operiert werden. Dann spielt es –zumindest bei einem Sportler- keine Rolle, ob es ganz durchgerissen ist oder nicht.

Wie kann man sich den Eingriff vorstellen?

Im Rahmen des Eingriffs wird eine so genannte Stellschraube in das Schien-/und Wadenbein eingedreht, die zum einen den korrekten Abstand zwischen den beiden Knochen wieder herstellt (durch den Riss wird der Abstand größer als er sein soll), zum anderen übernimmt die Schraube sozusagen für die Dauer von sechs Wochen die Funktion des Syndesmosebandes, damit dieses wieder zusammenwachsen kann.

Das Band selbst wird hier also nicht genäht sondern heilt von allein. Der Eingriff selbst geschieht minimalinvasiv, das heißt „von außen“ kann man keine große Verletzung sehen.

Wie lange dauert es, bis ein Sportler nach einem Syndesmosebandriss wieder fit ist?

Nach dem Eingriff wird der betroffene Fuß ruhig gestellt, dies kann mittels eines Gipsverbands oder –wie bei Mika- mittels einer so genannten OSG-Orthese (OSG steht hier für Oberes Sprunggelenk) geschehen, einer Schiene. Das Gelenk darf sechs Wochen lang nicht bzw. nur mit bis zu zehn Kilogramm belastet werden. Jede darüber hinausgehende Belastung beinhaltet die Gefahr, dass die Stellschraube zu sehr belastet wird. Im schlimmsten Fall kann sie brechen, das wäre eine ganz gravierende Komplikation, daher ist es sehr wichtig, dass das Gelenk nicht bzw. nur ganz leicht belastet wird. Nach sechs Wochen wird die Schraube wieder entfernt, dies geschieht wiederum mittels eines kleinen Eingriffs. Danach kann der Sportler beginnen, das Gelenk wieder voll zu belasten, nach weiteren zwei Wochen kann er ins Training einsteigen und –je nachdem, wie er sich fühlt-, kann er dann auch wieder spielen, immer vorausgesetzt, dass keine Komplikationen wie Entzündungen auftreten.

Gibt es Gefahren oder Risiken?

Eine nicht zu verachtende Gefahr besteht in der Ungeduld, gerade bei Leistungssportlern. Durch den minimalinvasiven Eingriff verspürt der Sportler nach dem Eingriff nur wenig, mitunter fast gar keine Schmerzen. Das verführt natürlich ein gutes Stück dazu, den Fuß und das Gelenk stärker zu belasten, als es gut ist. Im schlimmsten Fall kann es wie gesagt dazu kommen, dass die Stellschraube bricht. Das wäre ganz schlecht, daher wurde Mika, für den es praktisch seine erste wirkliche schwerere Verletzung ist, genau instruiert, was er tun und vor allem was er lassen soll. Dazu gehört es im Übrigen auch, zumindest in der ersten Woche der Dusche fernzubleiben, was bei einem Sportler, der es gewohnt ist, zweimal am Tag zu duschen, zu ungläubigen Blicken führt.

Tritt eine solche Verletzung häufig auf?

Im Eishockey nicht sehr häufig, im Fußball und Handball deutlich häufiger. Das hat auch damit zu tun, dass im Sport physisch mehr und mehr an die Grenzen des Machbaren herangegangen wird. Auch das Material wird immer besser und erlaubt, die Grenzen weiter zu verschieben.

Prominente Sportler, die sich Syndesmosebandverletzungen zugezogen haben, sind neben Marco Reus unter anderem Michael Ballack, der ebenfalls wegen dieser Verletzung eine WM verpasste und Thiago Alcàntara vom FC Bayern München.

Wann kann Mika wieder im Tor stehen?

In den nächsten beiden Wochen ist vollständige Ruhe angesagt. Danach kann er mit ersten Reha-Übungen beginnen und natürlich auch Krafttraining machen. Alles, was das Sprunggelenk nicht belastet, ist ok.

Nach sechs Wochen werden die Stellschrauben entfernt, danach kann er beginnen, das Sprunggelenk nach und nach mehr und mehr zu belasten. Jeder Mensch ist unterschiedlich. Zwischen acht und zwölf Wochen ist alles möglich.

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